Bericht zur Virtuellen Volkstanzwoche

von Dr. Marianne Kopp

Virtuelle Volkstanzwoche – so real!

Corona, Lockdown, Kontaktverbote, und kein Ende in Sicht. Es fehlt uns allen schmerzhaft, das Tanzen, die Treffen mit Freunden, gemeinsames Erleben, Lachen und Umarmungen, zwangloser Austausch, Impulse und dieser besondere Zustand des angeregten Durchdrungenseins von Musik, der sich über den gesamten Alltag ausdehnt… Es ist Winter, die Vereinzelung fühlt sich an wie das frostige Wetter, viele private Kontakte scheinen in einen tiefen Dornröschenschlaf versunken zu sein, jeder kämpft für sich allein, manche werden gar grantig dabei.

Aber nun zum Jahresauftakt das Angebot der virtuellen Volkstanzwoche! Volkstanz virtuell, geht das denn? Wir dürfen doch gar nicht miteinander tanzen, uns umarmen, zusammenrücken… Und doch, Klaus und Sonja Fink vollbringen ein Wunder mit ihrer Initiative, ihrem Einsatz, Ideenreichtum, technischen Können und ganz viel Liebe – sie stiften Gemeinschaft! Ein Miteinander, das unmöglich schien, wird auf einmal als wärmende Kraft spürbar. Tauwetter für die erstarrte Seele, neue Lebendigkeit.

Über den whatsApp Chat läuft so viel vertrautes, witziges, lebhaftes und fantasievolles Gespräch, dass Klaus in dem abendlichen Video-Gruppentreffen darauf hinweisen muss, dass wirklich alles nur virtuell läuft und nicht doch heimlich eine reale Volkstanzwoche stattfindet. Menschen, mit denen man lange keinen Kontakt mehr hatte, tauschen sich täglich in herzlichen whatsApp Nachrichten aus, die sich wie Blickkontakt, Händedruck und Umarmung anfühlen. Und wenn man bei den musikalischen Beiträgen abends allein in der Küche oder auf dem Wohnzimmerteppich vor dem Laptopbildschirm mittanzt, ist man doch fast mit den anderen zusammen – und die Seele wird leichter. Die virtuelle Welt ist so real, denn die Menschen dahinter sind uns ans Herz gewachsen und geben sich so viel Mühe, Freude zu verbreiten.

Es ist freilich auch eine große Herausforderung – man will und soll ja mittun. Aber wie denn? Nie zuvor habe ich ein Video-Treffen mitgemacht, einen Videogruß aufgenommen, eine Audiospur aufgesprochen und gar noch verschickt. Aber – es geht! Die positiven Energien von Klaus und Sonja und der Gemeinschaft sind so stark, dass man Mut fasst, es zumindest zu versuchen, weil diesmal nur virtuell alles möglich ist. Ein bisschen, wie eine neue Sprache zu lernen…

Als Volkstänzer wissen wir aber von den Treffen mit ausländischen Gruppen, dass es auf die Sprache gar nicht so sehr ankommt, wenn Tanzfreude und warme Gemeinschaft uns verbinden. Und so ist es schließlich auch hier. Geht doch! ist meine staunende Beobachtung, denn alles ist so umsichtig vorbereitet, alle Türen geöffnet, alle Wege mit Hinweisschildern beschriftet, auch virtuell. Da sieht man etwa ein eigenes Minivideo als Teil eines gemeinschaftlichen Geburtstagsglückwunschs perfekt eingebaut, weil Klaus und Sonja das Können für sowas mitbringen und jeden in seiner Begrenztheit annehmen. Ein großer Reigen mit vielen Stimmen, wir sind eine Gemeinschaft!

Das erzeugt Glücksgefühle! Auf einmal habe ich seit langer Zeit wieder beschwingte Tanzmusik über den Tag als Ohrwurm in mir, und nach der morgendlichen E-Mail zum Tanztagesbeginn darf man sich einige Stunden mit den vielen anregenden, spannenden, lustigen, lehrreichen Links befassen. Was haben Klaus und sein Orga-Team da nur alles zusammengetragen (wofür bei realen Volkstanzwochen wohl kaum Zeit bliebe?) – ein wahres Feuerwerk an Ideen, Informationen, Unterhaltung und Anregung, ein richtiges Symposium rund um die Themen Volkstanz, Volksmusik und Tracht! Auch eine Kreativwerkstatt ist dabei. Wir sind bei der Volkstanzwoche – wirklich nur virtuell? Wir fühlen uns dabei auf einmal fast so lebendig und mittendrin wie wenn alles doch real wäre. Frustrierend ist nur, wenn hin und wieder die Internetverbindung zusammenbricht und mir einen Teil des abendlichen Zusammenseins raubt.

Begrüßungsabend, Konzertabend, Trachtenvorstellung, Spieleabend, Musikantenabend, sogar ein kleines Tanzfest und der bunte Abschlussabend – was für eine Fülle an Angeboten! Es sind vertraute Programmpunkte von den realen Volkstanzwochen – ja, und auch virtuell wird das möglich! Unzählige Videos von vielen Teilnehmern oder Gästen werden eingespielt, Reminiszenzen an frühere Volkstanzwochen oder Neues, sogar live-Beiträge… Auch einen Roien gibt es, und jeden Tag als Gute-Nacht-Geschichte ein anderes Lied von Anitas Mädchenchor, Mitschnitte von Abschlussabenden der Volkstanzwochen, wie eins mit dem einschmeichelnden Refrain: Wie-ge, Wechselschritt, wir drehn die Zeit zurück… und ein ganz neues, als virtueller Chor aufgenommenes Lied an den Sandmann über den Traum vom Wiedersehen.

Was für eine immense Vorbereitungsarbeit war dafür wohl notwendig? Neben der Jitsi-Videotreff-Plattform läuft immer der Chat mit – und so viele sind mit Herzblut dabei, angeregt, dankbar, gerührt, mit Musik, Leichtigkeit und Fröhlichkeit beschenkt! Viele – nach anfänglich nur 20 Anmeldungen wurden es zum Schluss über 100, und jedes abendliche Videotreffen war besser besucht als am Vorabend. Am letzten Abend wird Klaus für sein beharrliches Engagement und seine auch in dieser Pandemiezeit unbeirrbare Liebe und Treue zur VTW zum Volkstanzwochenkönig gekrönt! (Lateinisch „corona“ heißt Kranz oder Krone – hoffen wir, dass auf die Dauer diese ursprüngliche Bedeutung sich wieder durchsetzen kann…)

Immer noch beherrscht Corona unseren Alltag. Ganz ungewiss ist, wann wir uns wieder zum gemeinsamen Tanzen treffen dürfen. Aber die Einsamkeit ist vorerst weggewischt, wir waren eine Woche lang virtuell intensiv zusammen wie auf einer glücklichen Insel, abgerückt von dem gewöhnlichen Alltag. Wir haben auftanken dürfen, das Schweben im Tanz (sogar ganz allein) und die Kraft von Gemeinschaft wieder verspürt – und bei all dem immer weiter wachsende Hochachtung und Dankbarkeit für den engagierten, liebevollen Einsatz von Klaus ganz besonders, aber auch Sonja und etlichen Helfern im Hintergrund.

Nach der Abschlussrunde am letzten Vormittag geht es zum Bahnhof, zur Heimreise. Freilich nur virtuell… „Das ist alles nur in meinem Kopf“, sangen Jenny und Steffi. Und doch seltsam real! Dazu will ich das Ende des Märchens vom Froschkönig zitieren:

“Heinrich, der Wagen bricht!”
“Nein, Herr, der Wagen nicht,
Es ist ein Band von meinem Herzen,
Das da lag in großen Schmerzen…“
Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, und der Königssohn meinte immer, der Wagen bräche, und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich absprangen…

So geht es uns Teilnehmern der vVTW! Die vielen gerührten, bewegten, dankerfüllten Chat-Beiträge zeigten, dass nicht nur ich so empfinde. Nach diesen Erlebnissen können wir zuversichtlicher in das Jahr 2021 voranschreiten und dürfen viele positive Energien in unseren Alltag mitnehmen und von diesen Tagen der virtuellen Volkstanzwoche zehren, wie uns sonst die realen Erlebnisse lange bereicherten, begleiteten und geleiteten.

danke! Danke!! DANKE!!!